Schon wieder Wochenende in Oregon! Und diesmal hat der Wetterbericht es wirklich gewagt Sonne vorherzusagen. Ein Blick auf die Webcam des Mount Saint Helens zeigt, dass die Straßen noch geräumt sind und wir es wagen können mit ohne viel Schneeketten diesen Ausflug zu starten.
Die knapp 2 Stunden Anfahrt bis zum Seaquest Visitorcenter vergehen schnell genug. Auto fahren in Amerika geht einfach entspannter zu. Gegen 13 Uhr marschieren wir ins Gebäude und verdoppeln gleich die Anzahl der Anwesenden Besucher auf 6. Ein Opa offeriert uns die Entrichtung von drei Dollar Eintritt und nagelt uns erstmal ein Gespräch ans Knie. Wir erfahren nicht viel über den Mount Saint Helens, dafür aber dass ihn schon Kinder aus allen Teilen der Welt besucht haben, unter anderem aus Deutschland. Unserer Euphorie den Berg mal mit ordentlich Schnee bedeckt begucken zu können erteilt er einen gnadenlosen Dämpfer. Es wäre keine gute Idee im Winter hier vorbeizukommen, da gibt es einfach nix zu sehen und die Straße zum Johnston Ridge ist bereits gesperrt. Wir bedanken uns artig, beschließen aber alles besser zu wissen und es dennoch zu versuchen. Der Opa gibt Kopfschütteln seine Verwunderung über uns planlose Touristen an die Kassiererin weiter. Wir gehen erstmal ins Kino, in welchem in 5 Minuten der Film über den Mount Saint Helens gezeigt wird. Wir setzen uns direkt hinter zwei andere Besucher um im Kino nicht so einsam zu sein.
Der Pessimismus verbreitende Mitarbeiter vom Eingang scheint mit seiner Vermutung, dass hier nur verwirrte unterwegs sind, Recht zu haben. Wir waren jedenfalls überzeugt das Samstag ist. Der Film ist nicht schlecht. Wir sind froh nicht vor dreißig Jahren diesen Ausflug geplant zu haben.
Am ersten Viewpoint ist der Vulkan bereits zu sehen. Keine Wolken, kein Nebel. Wir sind froh nicht gleich umgekehrt zu sein.
Wir fahren weiter Richtung Vulkan. Der Anblick ist beeindruckend. Die Sonne ist nicht zu sehen.
Andreas liebt das Blitzlicht der Kamera und Frank kann mindestens ein halbes Bild von ihm machen.
Der Berg versteckt sich überhaupt nicht mehr. Spätestens jetzt fragen wir uns, warum der Opa vom Nationalparkteam uns nicht hier raus schicken wollte.
Frank hält jetzt alle drei Minuten den schneekettenfreien Toyota an um zu Andreas Bewunderung mit den Kameras und Objektiven zu jonglieren.
Wir erreichen die angekündigte Straßensperre. Frank versucht Melanie und Andreas zu überzeugen einfach weiterzufahren. Doch da Frank sowieso alle zwei Minuten anhält um zweihundert Bilder zu machen entschließen wir uns zu einer Wanderung in der Nähe des Coldwater Lakes. Der Parkplatz ist ähnlich voll wie das Kino.
Nach einigen anfänglichen Orientierungsschwierigkeiten glauben wir den Wanderweg entdeckt zu haben. Melanie markiert zur Sicherheit die spannendste Stelle mit gelben schwer zu lesenden Symbolen, damit wir notfalls zurückfinden. Schon nach wenigen Minuten finden wir die ersten Spuren der hier hausenden Ungeheuer. Doch wir haben keine Angst und laufen weiter.
Die Sonne kämpft sich jetzt endgültig heraus und bringt die Tümpel zum kochen. Andreas läuft ein paar Schritte voraus um den Weg abzusichern und den Haupttrupp nachziehen zu lassen.
Als Frank und Melanie um die nächste Ecke laufen, hockt Andreas am Boden und pullt sich etwas Hirschfleisch aus den Zähnen. Er behauptet nur mal gekostet zu haben. Wir schimpfen mit ihm, denn er hat uns nix übrig gelassen. Wir sehen die leckeren Brocken noch davon laufen. Frank macht wieder ein beeindruckendes Foto.
Andreas läuft gut gestärkt wieder voraus. Melanie trägt ihren Bauch hinterher. Frank hält sich weiter mit fotografieren warm.
Die um den Vulkan lebenden Ungeheuer sind mit allen Regenwassern gewaschen und versuchen uns mit leckerer Schokolade vom Weg zu locken.
Wir laufen immer weiter ins gefährliche Ungeheuer-Land und nun zeigen sich immer mehr deutliche Spuren.
Wir erreichen das Tal welches der Vulkan bei seinem Ausbruch vor dreißig Jahren platt gemacht hat. Der Marsch durchs wilde Biberland hat sich gelohnt. Die Landschaft ist toll. Die Sonne gibt ihr Bestes dazu.
Und Frank, der seine Kamera nur ungern mit zitterenden Händen für 10 Sekunden an Melanie weitergibt.
Wir haben es geschafft. Die Biber haben uns verschont und wir haben 21,2 Meilen in etwas mehr als einer Stunde hinter uns gebracht. Das Komma wird in Amerika oft etwas größer geschrieben, damit es besser zu sehen ist.
Unter den Wildhütern hat sich mittlerweile rumgesprochen, das Andreas ein paar Hirsche gekostet hat und es hängen Phantombilder von ihm am Parkplatz aus.
Noch diesem Marsch sind wir völlig aufgeheizt. Wir sind froh das baden erlaubt ist und während Melanie in einem bunkerartigen Toilettengebäude verschwindet, springen Andreas und Frank noch schnell in den Coldwater Lake.
Wir schwimmen zwei drei Stunden und lassen unsere Sachen vom heftigen Sommerwind direkt am Körper trocknen.
Nach so viel Abenteuern haben wir Durst und feiern mit den Kollegen aus Dresden zweiten Advent. Natürlich mit dem importierten Stollen, 6 Liter Glühwein und deutschen Weihnachtsliedern aus dem Internet. Es geht los mit Frank Schöbels "Weihnachten in Familie".
Ein weiterer Höhepunkt ist das Lied "Schöner die Glocken nie klingen" von Andrea Berg. Weihnachtlich, besinnlich untermalt mit Fotos von der Künstlerin in Strapsen oder engen Korsets, eingestellt von Teufelskralle.
Wir versuchen den Glühweinkonsum zu erhöhen um die musikalischen Untaten zu überstehen. Das Programm geht weiter mit russisch-bayrischen Versionen von "Oh Tannenbaum" und weiteren 500 Interpretationen von "Den schönen Glocken".
Die Lasagne ist nach gefühlten vier Stunden endlich durch und bei weihnachtlicher Panflötenklängen lassen wir es uns schmecken.
Frank hat oft zwischendurch gekostet hält mutig den Topf mit den stundenlang gekochten Orangenstücken über seinen Rachen. Nicht alle Teile landen im Mund. 6 Liter Glühwein sind verschwunden und uns geht es gut. Melanie fährt die Kollegen ins Hotel zurück. Wir freuen uns jetzt schon auf den dritten Advent!
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